Der bemerkenswert erfolglose Daimler-Obermotz Schrempp bekommt derzeit auf der Aktionärsversammlung von den (eigentlich ziemlich uncoolen, weil nervigen) Kleinaktionären kräftig auf die Birne; die Zahlen sind nicht so wie erhofft. Nur 1,7 statt 3 komma irgendwas Milliarden Gewinn. So weit so gut. Doch ist dies auch die Stunde der Alleswisser, Todsparer und Ideenhasser.
Denn die Marke smart hat wieder Verluste eingefahren, was nun die Herren Analysten und Aktionärsvertreter dazu veranlasst, von harten Schnitten, konsequentem Durchgreifen und ähnlichen Maßnahmen aus dem Kabinett der autoritären Machtphantasien (im restlichen Leben längst sanktioniert) zu faseln. Scheinbar gebietet es die Vernunft, smart zu schließen, weil dort Verluste gemacht werden. Mit Häme wird vermerkt, der smart roadster werde Ende des Jahres wegen Erfolglosigkeit eingestellt, und die Apologeten der reinen Vernunft bekommen auch noch Beifall dafür.
Was mich daran stört, ist die mit Schadenfreude versetzte Borniertheit, mit der blinde Zahlen gegen unkonventionelle Ideen und schräg gedachte Konzepte durchgesetzt werden.
Nun baut mal eine Firma, die in 100 Jahren nicht für spannende Automobile bekannt geworden ist, ein wirklich ungewöhnliches, radikales, extremes und technisch revolutionäres Auto, das es schwer hat, sich in einem von diffusen Ängsten und schwer zu fassenden Prestigebegierden bestimmten Markt zu behaupten; und dann schiebt diese Firma, die noch nie einen Sportwagen gebaut hat, auch noch einen kleinen Roadster nach, der seine Schwächen hat, aber insgesamt als Farbtupfer im Einerlei prinzipiell zu begrüßen ist (und übrigens viel besser fährt, als all die Leute zu wissen meinen, die nie auch nur dringesessen haben.)
Dafür war viel Mut nötig, viel Kreativität und der unbedingte Wille, es einfach mal anders zu machen. Nun aber kommen die Schablonenbieger, Erbsenzähler und Ärmelschoner und lassen sich auch noch dafür beklatschen, wenn sie fordern, mit Experimenten müsse Schluss sein.
Was ist denn die Konsequenz? Hat je einer jener Fürredner des Mittelmaßes und der Mutlosigkeit Rechenschaft darüber abgelegt, was für eine Kultur er sich wünscht? Nur noch Aldi, Günter Jauch, BILD, Jaenette Biedermann und VW Passat? Ein Brei für alle, damit es den Konzernen wohlergehe? Alles unter Kontrolle, zum Wohle- ja, von wem eigentlich?
Es gibt Zeiten, in denen braucht man mehr Sicherheit und weniger Experiment. Und es gibt Zeiten, die von uns mehr Experiment und weniger Sicherheit fordern. Wir leben in letzterer, nur haben es allzuviele noch nicht begriffen.