• Nach der Lektüre einer "Motor-Klassik" muss ich mit Bedauern feststellen, dass die Begeisterung für sogenannte Youngtimer zu einer echten Plage geworden ist.

    Allerorten werden beschissene und beschissenste Autos aus den dunkelsten Epochen des Automobilbaus (späte 70er und 80er Jahre) zu erhaltenswertem Kulturgut erklärt und in seitenlangen Abhandlungen gefeiert. Es fällt auf, dass als Youngtimer nicht alle Autos aus dieser Epoche bezeichnet werden, sondern nur solche, die schon damals langweilig, uninteressant und durchschnittlich waren: Mercedes W123, Ford Granada, Opel Manta A, Toyota Celica, Porsche 924 Sauger, Audi 100, Renault Fuego usw. Bald schon wird es mit dem Golf III losgehen, sage ich. Dass ein Delta Integrale, ein M3, ein 911 Turbo, ein 308 und viele andere aus derselben Zeit als Klassiker verehrt werden, lässt sich begründen, denn sie alle sind Autos, die einen gewissen Reiz haben; sie wurden mit Leidenschaft zum Fahren gebaut und nicht nur, um von A nach B zu gelangen.

    Youngtimerei ist ein Ärgernis, weil uninspirierter Schrott eine Dignität erhält, die anderen Autos gebührt. Warum man einen Delta Integrale erhalten sollte, liegt auf der hand äh Tatze. Warum aber ein Ascona B schützenswert ist, nicht. Autohasser, die am liebsten alle alten Autos von der Straße verbannt sähen, werden genau hier ansetzen und fragen, warum der Ascona einen priviligierten Status genießen soll und damit in Wirklichkeit die echten Klassiker treffen.

    An alle Rentner Erweisen Sie dem guten Geschmack einen Dienst, und verkaufen Sie ihren silberdistelfarbenen Mercedes 230 CE nicht an diesen hippen Typen, der ein "cooles" Auto sucht, weil sein Opa "den auch mal hatte", sondern an einen sympathischen Ghanaer, der ihn nach Afrika verschiebt, so dass wir ihn nie wieder sehen müssen!

    Heute mal wieder elitär: Tatzentier

  • Jaja. In 5 Jahren ärgere ich mich dann auch, wenn die Gurken, die ich im Laufe der Jahre zu Brei gefahren habe, auf einmal als unentdeckte und unterbewertete Youngtimer wiederauferstehen. Vielleicht hätte ich meinen Rover 216 GTi doch behalten sollen - nur schade, daß er bemoost war. Innen :kotz: .

    Grüße, Curty

  • Ach Tatze, im Grunde sprichst Du mir ja aus der Seele - aber ich sehe doch auch einen positiven Punkt: Sollen die ganzen Mainstreamer, die sich mittels eines solchen Youngtimers ein cooles Motorraver-Image zuzulegen wünschen, die Dinger doch blos pflegen und hegen und sich mit Ihnen identifizieren - dann bleiben die Preise für die wahren Kleinode nämlich in Regionen, die nicht durch modische Erscheinungen in Sphären abdriften, welche das Fahrvergnügen zu beeinträchtigen in der Lage sind...


    L.

  • Die "gewöhnlichen" Youngtimer: offen gestanden kann ich die Nostalgie der Nostalgien nachvollziehen. Als mein Vater Ende der 60er Jahre einen Rover P6 fuhr, bin ich auch davon infiziert worden. Und hab mir vor ungefähr 12 Jahren einen aus dem Baujahr 1973 erstanden, den ich immer noch besitze.

    Als ich ihn kaufte, war er eigentlich noch ein Youngtimer (grade mal 19 Jahre alt). Und ein Juwel war er nicht und wird er wohl nie sein, aber meinen Beistzerfreuden tut das keinen Abbruch. Also müßte ich mich im Sinne der hier stattfindenden Diskussion eigentlich genieren - tu's aber trotzdem nicht...

    Tand ist das Gebilde aus Menschenhand

  • Btw: ab wann ist ein Auto eigentlich ein Youngtimer ???
    Gibt´s da´ne Definition - etwa die 20 Jahre ab denen früher ein Auto als Oldtimer galt ???

    Danke für die Aufklärung !!! :kiss:

    Martini

  • Ich habe den Eindruck, dass als Youngtimer schlichtweg alles gelten kann, was der Besitzer dafür hält, solange es nicht mehr gebaut wird. Genau das ist das Problem. Ein 3er Cabrio wird auch schon mit lüsternen Augen umschlichen, obwohl es gerade mal 16 Jahre alt ist.

    Die letzte Motor-Klassik hat mehrere Doppelseiten für den Renault "Fuego" freigeräumt, ein Auto von dem Kenner bekanntlich träumen. Ich leider noch immer an den Spätfolgen der Lektüre.

    :kotz: :kotz:

  • Zugegeben: das letzte Motor Klassik war eine herbe Enttäuschung. Obwohl natürlich auch Beiträge drinnen waren, die mich interessierten (Alfa Montreal). Aber ob's das Geld wert war? Ich kaufe die Zeitschrift immer seltener, da es sehr gute Alternativen (noch dazu preiswerte) gibt.

    Wie's der Zufall so haben mochte, kaufte ich die Zeitschrift als hier bereits das Youngtimer-Thema ein solches war. Als ich dann den Beitrag las, mußte ich regelrecht kichern (von wegen "Öl auf's Feuer").

    Tand ist das Gebilde aus Menschenhand

    Einmal editiert, zuletzt von KaeptnKaos (26. März 2004 um 13:16)

  • Zitat

    Zugegeben: das letzte Motor Klassik war eine herbe Enttäuschung. Obwohl natürlich auch Beiträge drinnen waren, die mich interessierten (Alfa Montreal). Aber ob's das Geld wert war? Ich kaufe die Zeitschrift immer seltener, da es sehr gute Alternativen (noch dazu preiswerte) gibt.

    Wie's der Zufall so haben mochte, kaufte ich die Zeitschrift als hier bereits das Youngtimer-Thema ein solches war. Als ich dann den Beitrag las, mußte ich regelrecht kichern (von wegen "Öl auf's Feuer").


    Motor Klassik ist das Zentralorgan aller "Denkspießer" (das Wort habe nicht ich mir ausgedacht, sondern dein Landsmann Thomas Bernhard, der nicht nur dafür zu loben ist. Er fuhr übrigens ziemlich stur Mercedes...)

    Alle Vorurteile, die der Deutsche (und Österreicher) gegenüber fremdländischem Blech hegt, werden hier Monat für Monat treu und blöd reproduziert, wie es halt nur geht, wenn man das Hirn komplett ausschaltet.

    Noch schlimmer ist nur die Oldtimer-Markt.
    Die kann man mit ihren Artikeln über Opel Monza und Kadett C und VW 411 aber auch als Satire lesen...

  • Zitat

    Ich lese trotzdem die Motor Klassik - als Abonnent.

    Grüße
    AR

    Darum geht es doch nicht, AR.
    Man kann das Blatt natürlich lesen. Es soll sich auch niemand aufgerufen fühlen, das sein zu lassen.
    Nur Kritik an einer gewissen Behäbigkeit der inhaltlichen Linie halte ich dennoch für angemessen. Man muss sich ja nicht immer mit dem identifizieren, was man liest.

  • Thomas Bernhard?! Ich erinnere mich noch gern des Anblicks, den er bot, wenn er ständig im Café Bräunerhof am Fenster saß. Gleichsam hingemeißelt als Einrichtungsgegenstand des Cafés. Nach dem Ableben T.B. geriet das Bräunerhof ins finanzielle Schlingern, aber mit der Zeche von T.B. hat das - glaube ich - nix oder nur wenig zu tun (eine alte Kultur in Wien ist das "Anschreiben" - ob T.B. zu dieser Gruppe gehörte, weiß ich nicht, aber wenn ja, dann ist das "Café-Rating" nach dem Tod sicher in den Keller gefallen).

    Was den "Denkspießer" anbelangt: da ist leider zu sagen, daß er selbst einer der laut krakelenden selbst war. Denn wenn man seine Bücher liest und bloß die Vorzeichen ändert (gilt übrigens auch für andere Zeitgeister), dann ist dies verblüffend ähnlich dem, was die karikierte Gegenseite zum Ausdruck brächte (gilt auch für Böll, Grass und Konsorten) und bringt: das Pamphlet als Mittel des scheinbaren Ausdrucks von Intellekt und des Eindrucks der kritischen Vernunft von Pseudo.

    In Wahrheit viel mehr die Explosion eines im Alter Ego als Minderwertig autoidentifizierten Individuums, das an der eigenen Unzulänglichkeit die Aggression jenen gegenüber definiert, die von ihm zuerst neidvoll und später als Gefahr gesehen werden. Es lebe die Vorstufe zum Verfolgungswahn.

    Motor-Klassik: schön zu schmökern - ab und zu und gerne im Urlaub

    Tand ist das Gebilde aus Menschenhand

    Einmal editiert, zuletzt von KaeptnKaos (30. März 2004 um 12:51)

  • Zitat

    Thomas Bernhard?! Ich erinnere mich noch gern des Anblicks, den er bot, wenn er ständig im Café Bräunerhof am Fenster saß. Gleichsam hingemeißelt als Einrichtungsgegenstand des Cafés. Nach dem Ableben T.B. geriet das Bräunerhof ins finanzielle Schlingern, aber mit der Zeche von T.B. hat das - glaube ich - nix oder nur wenig zu tun (eine alte Kultur in Wien ist das "Anschreiben" - ob T.B. zu dieser Gruppe gehörte, weiß ich nicht, aber wenn ja, dann ist das "Café-Rating" nach dem Tod sicher in den Keller gefallen).

    Was den "Denkspießer" anbelangt: da ist leider zu sagen, daß er selbst einer der laut krakelenden selbst war. Denn wenn man seine Bücher liest und bloß die Vorzeichen ändert (gilt übrigens auch für andere Zeitgeister), dann ist dies verblüffend ähnlich dem, was die karikierte Gegenseite zum Ausdruck brächte (gilt auch für Böll, Grass und Konsorten) und bringt: das Pamphlet als Mittel des scheinbaren Ausdrucks von Intellekt und des Eindrucks der kritischen Vernunft von Pseudo.

    (...)

    Ein Buch zu schreiben ist schnell und leicht selbst gemacht. Dazu braucht man nur einen Bleistift, ein Blatt Papier (darf auch die Rückseite eines Formulars sein) und die Buchstaben des Alphabets. Alles Dinge, die in keinem Haushalt fehlen sollten. Die Buchstaben muss man solange durcheinander würfeln und wieder zusammensetzen, bis sich neuer Sinn ergibt. Das ist einfacher als man denkt. Sollten Buchstaben fehlen, kann man sich schnell und billig neue in einer Buchstabensuppe von Knorr besorgen. Ich muss wohl nicht weiter betonen, dass eine solide Klebebindung der einzig akzeptable Weg zum Buch ist.

    Wichtig ist es auch, überflüssige Buchstaben zu vermeiden um nicht zu viel Unsinn zu schreiben. Auf das A knn mn zum Beispiel gut verzichten. Mn schreibt dnn schneller, verbrucht weniger Blei oder Bits und leichter wird der Text uch noch.

    Euer Lfred

    Einmal editiert, zuletzt von Dr. Alfred Pfusch (6. April 2004 um 08:36)