Reisebericht: Winterthur - St Tropez - Winterthur

  • Wir hatten uns für ein Juli Wochenende einen Trip mit dem neuen Super Se7en und als Begleitung einem Speedster vorgenommen.

    Ja, der Speedster ist kein Lotus - es ist ein Opel - aber wer sich auskennt der weiss, dass der Motor in der Elise MK1 ein Rover war und in der MK2 ein Toyota. Im Speedster ist es ein Opel Motor - eine Entwicklung von Lotus wie sie bereits im Opel Astra Cabrio verbaut wurde. Ein robustes Aggregat mit hohen Drehzahlen und gutem Hubraum / Leistungsverhältnis. Auch alle anderen Teile des Speedsters sind mehr Lotus als viele wissen; denn das Auto wurde im Auftrag bei Lotus gebaut.


    Um 06.00 morgens klingelte der Wecker und es war kalt draussen - gar kein Se7en Wetter: Um 07.00 trafen der Speedster Pilot und seine Beifahrerin ein, als gerade Nieselregen einsetzte. Statt wie geplant bereits los zu fahren beschlossen wir zuerst noch ausgiebig zu Frühstücken und fuhren nach zwei Stunden los. Die Strassen waren fast trocken, doch der Himmel war grau und das Wetter nicht so freundlich wie es hätte sein können. Eigentlich nichts neues, denn immer wenn ich mit Roger (dem Speedster Pilot) irgendwo hin fahre, ist das Wetter am ersten Tag garstig…


    Von Winterthur furhren wir ohne Dach nach Pfungen, Lufingen und dann nach Kloten um dort atypischerweise die Autobahn zu nehmen. Wir hatten ein hoch gestecktes Tagesziel welches ohne Autobahn nicht machbar wäre. Via A1 fuhren wir über den Zürcher Nordring in Richtung Bern und dann Richtung Lausanne. In Estavayer - le - lac hielten wir zum ersten Mal an, da ein stetes Tröpfeln einsetzte und sich auch eine Pinkelpause für angebracht zeigte. Als das Tröpfeln einem echten Regenschauer wich, kapitulierten wir und montierten das Dach. Am Speedster war das schnell gemacht - am Se7en hiess das, Kofferraum ausräumen, Verdeck rausnehmen, Dachstangen aufstellen, Türen rausnehmen und alles montieren. Wir wurden bereits zum ersten Mal nass und waren noch nicht einmal ausserhalb der Schweiz. Nach einigen Geduldspielen war der "Kofferraum" wieder geladen, das Dach montiert und die Türen am Auto und so wurde der Tank noch gefüllt. Wer den Se7en mit Dach kennt: Tür aufmachen, Füsse zuerst reinstellen, reinbalancieren, reinschlüpfen, angurten, feststellen, dass der Schlüssel noch in der Tasche ist - abschnallen - probieren an den Schlüssel zu kommen - leise fluchen - aussteigen (lauter fluchen) - Schlüssel aus der Tasche fischen - Füsse zuerst rein - reinschlüpfen, Schweisstropfe abputzen, Schlüssel stecken, Zündung einschalten und 100 Meter zur Tankstelle fahren - da das ganze Spiel von neuem…


    Nach 30 Minuten Halt und vier mal ein- und aussteigen waren wir soweit und fuhren weiter Richtung Westen. Es ging via Lausanne nach Genf. Da unser Navigator (die Speedster Fraktion) "Genf" als Ziel im Navigationssystem eingegeben hatte, führte uns das Navigations-System von der Autbahn herunter quer in die Stadt Genf. Nachdem wir das selbe Quartier dreimal umrundet hatten, übernahm ich die Führung und führte uns über die Grenze nach Frankreich, um dort wieder auf die Autobahn nach Bonneville zu kommen.


    In Bonneville bogen wir ab und nahmen die Nebenstrasse nach La Clusaz. Eine wirklich empfehlenswerte Route durch eine fantastische Schlucht mit guten Überholmöglichkeiten und toller Akkustik. Mit Dach auf dem Se7en war das nicht ganz so lustig, aber die Sonne guckte hinter den Wolken hervor - so waren wir umso mehr motiviert schnell nach La Clusaz zu kommen.


    Da angekommen hielten wir auf dem Parkplatz an und demontierten das Dach und die Türen. Der Sommer war zurück und der Tag war gerettet. Es war zwar noch etwas kühl - aber es gibt ja keinen Wind der einem Se7en Fahrer zu hart oder zu kalt sein könnte (dachten wir).


    Nach einigem Austausch über den Streckenverlauf nahmen wir den Col des Arravis in Angriff . Die Strasse war trocken und die Luft war rein. Die Strassen waren fast leer - so konnten wir die Autos die schöne Strasse hinauf jagen und unsere Reise in vollen Zügen geniessen. Oben angekommen setzte ein kleiner Nieselregen ein - kein Problem - denn Steigungsregen sind ja üblich in den Bergen - somit ging es runter nach Flumet. Auf dem Weg dahin begann starker Regen eizusetzen. Als dann meine Brille so stark beschlug, dass die Sicht nicht mehr gegeben war, hielten wir in einer Gallerie um kapitulierend das Dach zu montieren. In Flumet angekommen, musste man einmal ums ganze Dorf fahren, um nach Les Saises abbiegen zu können - die spinnen die Franzosen…


    Eine wunderschöne Strasse führte uns durch Wälder und Auen nach Les Saises. Es war bereits 14.00 und die Franzosen scheinen wohl keine grosse Begeisterung für warme Küche am Nachmittag aufbringen zu wollen. Nach einigem Suchen fanden wir ein Restaurant mit durchgehend warmer Küche. Wir stellten die Autos unweit vom Restaurant ab, verschlossen die Türen und Fenster und stellten sicher, dass das Dach dicht war (resp. so dicht wie ein Lotus Dach eben ist).


    Zu Essen gab es zwei Menüs. Ein komische Raclette mit Kartoffeln oder ein Stück Fleisch mit Spaghetti. Das Spaghetti Menü war ein Reinfall - die Spaghetti waren nicht gerade "al dente" und das Fleisch war zäh… (ungeniessbar). Das Raclette war aus speziell widerstandsfähigem Käse produziert worden. Wir waren uns sicher, mit diesem Käse könnte man Polyurethan Klebstoffe ersetzen. Nach dem Essen machten wir uns mit Dach auf den Autos auf nach Beaufort um von da den "Cormet de Roslends" zu erfahren. Ein wunderschöner Pass, der zuerst durch das Städtchen Beaufort danach durch ein Tal führt und dann über eine imposante Strasse in die Höhe führt. Auf halber Strecke kommt man an einen wunderschönen See der je nach Wetter grün, blau oder auch rabenschwarz zu sein scheint. Die Strasse führt danach an steilen Felswänden vorbei und durch Alpweiden schliesslich zur Passhöhe. Von da geht es steil hinunter, zuerst über felsiges Gelände, danach durch ein enges Waldsträsschen in Serpentinen bis hinunter nach Bourg de Saint Maurice. Die Strecke ist traumhaft ohne Verkehr. Bei langsamen Wohnmobilen kann es schon zur Geduldsprobe werden, da überholen nicht wirklich möglich ist.


    Nach Bourg de Saint Maurice führte uns die Strasse in Richung Val d'Isère - doch vorher hielten wir kurz an um Rast zu halten und dem Aufzug des Gewitters zuzusehen. Zuerst begann ein Böen artiger Wind zu wehen, danach schoben sich Wolken über die Berge und schliesslich verdunkelte sich der Himmel. Wir packten unsere Sachen zusammen und machten uns auf nach Val d'Isère zu kommen. Das Dorf ist wohl das beste Beispiel für Bausünden und eine Verschandelung der Landschaft. Im Zentrum fanden wir ein vier Sterne Hotel (Christina), das auch Spa und einen vernüftigen Preis anbot. Wir checkten ein und trafen uns im Whirlpool und der Sauna, um uns von den Strapazen des ersten Reisetages zu erholen. Fazit: Die Landschaft ist wundervoll, die Strassen sind wie für unsere Autos gemacht - einzig das Wetter war nicht ganz perfekt, doch ein gutes Spa konnte über all das hinwegtrösten. Nach ausgiebigem Spa-ing machten wir uns auf die Suche nach einem Abendessen. In einem kleinen niedlichen Restaurant fanden wir ein "Fondue Savoyen" - für alle die ein Schweizer Fondue zu schätzen wissen - das Fondue Savoyen ist nicht zu vergleichen. Der Käse scheidet sich vom Öl und zieht elend lange Fäden. Es schmeckt nach verbranntem rauchigem Käse und nach Öl. Nach einer zweiten Flasche Wein machten wir uns auf zur Hotelbar um dort bei einigen Cocktails den Abend ausklingen zu lassen. Wir hofften auf besseres Wetter für den nächsten Tag.

    Colin Chapman:
    Any car which holds together for a whole race is too heavy.

  • Wir trafen uns um 08.00 zum Frühstück, das Buffet des Hotels bot eine grosse Auswahl. Es hatte nicht viele Gäste und die meisten waren Wanderer oder ältere Ehepaare. Wir konnten auch nicht verstehen wie man in diesen Bausünden seine Sommerferien verbringen wollte. Nachdem wir den Toast im Toaster vergessen hatten und so fast das ganze Hotel verraucht hatten, machten wir uns auf unsere Sachen zu packen. Es war sehr kalt draussen, so beschlossen wir zwar ohne Dach zu fahren, aber beim Se7en die Türen montiert zu lassen. Wie sich zeigen sollte, war das nicht die dümmste Idee an diesem Morgen.


    Eine imposante Strasse führte uns den Col de l'Iseran hinauf, vorbei an steilen Felsen und mehrmals unter der Schwebebahn hindurch, an Skiliften vorbei bis wir schliesslich beim Hospiz ankamen. Für das obligate "Passfoto" warteten bereits einige Oldtimer-Ford's vor dem Wegweiser "Lanslebourg / Bourg de Saint Maurice" - wir kamen auch endlich an die Reihe - es war bitterkalt und es schien mir, als würden Schneeflocken fallen. Nach den Fotos machten wir uns schnell auf den Weg abwärts um ins wärmere Tal zu gelangen. Die Strasse ist atemberaubend. Im oberen Teil führt sie durch Tunnels und durch Felsen, im unteren Teil Kuhweiden entlang bis man schliesslich im hintersten Teil des Tals angelangt ist und von dort über eine gerade langgezogene Strasse in Richtung Lanslebourg cruisen kann. Die Strasse führt durch einen Nationalpark und bietet ein fast unberührtes Tal mit Flüssen, Wäldern und einer Strasse als wäre sie für Need for Speed programmiert worden.


    In Lanslebourg bogen wir links ab um zum Lac de Mont Cenis zu gelangen. Ein Stausee in einem Hochtal gelegen mit grossartiger Aussicht und einer tollen Strasse entlang. Die Landschaft erinnert etwas an den Berninapass, nur ist das Tal länger gezogen und der See grösser. Bei der Grenze zu Italien führen Serpentinen der Staumauer entlang hinunter und danach eine gewundene Strasse durch den Wald.

    Wenn man das Glück hat und es hat keine Wohnmobile auf der Strasse kann man die Fahrt durch die Wälder über die kurvige Strecke geniessen. Wenn es allerdings ein Hymermobil oder ein italischer Fiat Ducato mit Wohnaufbau auf der Strasse hat, ist es mit der Freude vorbei. Wir hatten Glück und konnten fast bis nach Susa mit rasantem Tempo die Strecke fahren.


    In Susa parkierten wir neben dem grossen Halteverbot Schild vor dem Restaurant mit allen anderen Italienern. Es scheint, hier ist die Welt noch in Ordnung, denn selbst die Polizei war an den Autos mehr interessiert als an unserem improvisierten Parkplatz. Das Panini war köstlich und der Service war italienisch. Äusserst freundlich, sehr langsam und ohne Eile. Nach rund zwei Stunden relaxen, essen und trinken spannten wir erneut die 4-Punkte Gurten und schützten uns mit Sonnencreme Faktor 50.


    Es ging Richtung Oulx und es wurde richtig warm. Die Sonne brannte, so dass der Fahrtwind kaum noch Abkühlung brachte. Von Oulx führte uns eine Passtrasse nach Claviere und von da ging es wieder hinunter nach Briançon. Es ist sehr eindrücklich nach Briançon zu fahren, denn man sieht immense Befestingungsanlagen, Burgen und Verteidigungsbauten die Eindruck machen. Von Briançon folgten wir der Strasse nach Embrun - es ist fast eine Autobahn - eher langweilig mit langezogenen Kurven und langen Geraden. Vor Embrun begegnete uns ein Caterham R500 in Orange, der ohrenbetäubenden Sound von sich gab - ich war eifersüchtig…


    Von Embrun folgten wir der Strasse bis Savines - le - Lac - dort bogen wir ab und folgten der linken Seeseite entlang bis Comean - einer kleinen Kappelle mit einem wunderschönen Strand. Als wir ankamen waren schon sehr viele Touristen da - wir liessen uns aber nicht beirren und ruhten uns am Strand aus - das Wasser war noch sehr kalt, weshalb statt eines Bades ein Fussbad genügen musste. Nach der Rast sattelten wir unsere Pferde und folgten der langezogenen, landschaftlich interessanten Strasse bis Barcelonnette. Aus Erfahrung wusste ich, dass danach die Tankstellen rar sind und deshalb tankten wir unsere Autos voll und nahmen den Col d'Allos in Angriff.


    Der Pass erinnert etwas an den Albula, bietet aber heftigere Abgründe und die Strasse ist enger. In den Felsen widerhallt der Sound des Auspuffs mit einer harmonischen Akkustik. Man könnte wohl tagelang rauf und runterfahren und der Sound würde nicht langweilig werden.


    Nach einigen Überholmanövern am Col d'Allos kamen wir schliesslich auf der Passhöhe an. Gewisse Verkehrsteilnehmer machten Platz - andere musste man mit einem überraschenden Angriff überholen. Das Problem war danach, dass diese nur noch in der Mitte der Strasse fuhren, um den hinterherfahrenden Speedster zu blockieren. Dieser Aktion folgte der Konter mit einer kriechenden - Se7en Strassensperre - bis der Franzose in lautem Hupkonzert seinem Unmut Luft machte. Als dann der Speedster auch seinen Ton von sich gab machte der Franzose schliesslich Platz und wir konnten in angenehmem Tempo weiter fahren.


    Allos selber ist etwa dieselbe Bausünde wie Val d'Isère - aber welches französische Skigebiet ist das nicht? Von Allos folgten wir dem Talverlauf. Erneut erlebten wir eine wirklich schöne Strasse welche der Schlucht entlang zur Talsohle führt. Wir folgten dem Tal bis Colmars - einem mittelalterlichem Dörfchen mit Befestigungsturm und grossem Touristenandrang. Die Strasse folgte dem Fluss weiter Tal abwärts und schliesslich kamen wir zu zwei Seen. Dem einen konnte man entlang fahren und es bot auch Parkplätze die zum Verweilen einluden - der nächste See führte an Felswänden entlang, durch einige Tunnels und über weitgezogene Kurven danach den Hügel hinunter nach Castellane. Die Strasse von Allos nach Castellane ist eine "must drive road" - denn die Abwechslung von Berg zu Bach zu See zu Klippen ist wunderschön und bei wenig Verkehr eine tolle Lotus Strecke.


    In Castellane mussten wir uns entscheiden, wie es weiter gehen sollte, denn unser Zeitplan war etwas durcheinander geraten. Es war bereits Samstag 17.00 und unsere Begleitung im Speedster musste am Montag um 09.00 wieder am Arbeitsplatz erscheinen. Der Speedster übernahm die Führung. Mit dem TomTom bewaffnet programmierten wir "direkte Route" ins Gerät.


    Der Speedster führte uns durch eine Schlucht beim Vernon, die nach Campos führte. Die Strasse war eng und teilweise kamen die Felsen über uns wieder zusammen. Unter uns rauschte der Fluss. Viele Touristen standen in Badelatschen und Badekleidern auf der Strasse und schüttelten den Kopf als sie uns sahen…


    Nach der Schlucht öffnete sich die Landschaft. Über dünne Wäldchen und über Wiesen führte uns die Strasse via Comps unserem Ziel näher. Via Draguignan erreichten wir schliesslich Saint - Tropez. Natürlich blieb uns der Stau nicht erspart und wir hatten ganze 45 Minuten, bis wir schliesslich unsere Fahrzeuge parkieren konnten. Es war 21 Uhr und wir waren gute 12 Stunden gefahren. Unsere Gesichter waren Schwarz vom Strassendreck und der Hunger trieb uns an den zahlreichen Yachten vorbei zu einem vernünftigen Restaurant - was in Saint Tropez wirklich nicht einfach zu finden ist.

    Colin Chapman:
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  • Nach einem Mahl in einem der wenigen einigermassen bezahlbaren Restaurants direkt am Hafen besprachen wir unsere weiteren Pläne. Wir beschlossen irgendwo zu campieren - das sollte ja am Meer nicht ganz so schwierig sein. Als erstes wollten wir unser Glück bei den Campingplätzen an der Küste versuchen.

    Nachdem wir die Rechnung bezahlt hatten spazierten wir an den schwimmenden Villen vorbei zurück zu den Autos. Ärgerlicherweise hatten Touristen-Chick's sich auf die Kühlerhaube meines Se7en gesetzt - so dass ich eine dauerhafte Erinnerung an St. Tropez behalten sollte - es hatte einen üblen Hick in meiner Se7en Haube. Wir schnallten uns in den Se7en und fuhren durch den Abend-Verkehr zurück zur Küstenstrasse nach Ste Maxime. Es standen viele Wohnmobile an den Parkplätzen und nirgendwo war fliessendes Wasser (z. B. eine Dusche) oder Wasserhahn zu finden. Wir fuhren weiter der Küste entlang - es war mittlerweile Mitternacht und wir waren schon etwas müde geworden. Am ersten Zeltplatz hätten wir einen Platz für zwei Autos und unsere Schlafsäcke bekommen - aber der Mitarbeiter des Campingplatzes wollte unsere Pässe haben und sagte, vor 09.00 am morgen könnten wir gar nichts machen, sprich nicht abreisen wann wir es zu gedenken pflegten.

    Es war bei allen weiteren Campingplätzen dasselbe - sie wollten keine Vorauszahlung oder Kreditkarte als Garantie, sondern unsere Pässe. Das gefiel uns nicht, denn wie wir die Franzosen, speziell in Südfrankreich, einschätzten, waren sie nicht gerade jene Fraktion, die sorgsam mit wichtigen Papieren umgehen würde und allenfalls könnte es sich bis zum Mittag hinziehen, bis wir unsere Pässe wieder in Empfang nehmen könnten. Nach einigen Kilometern fanden wir einen grossen Parkplatz neben einem 2. Weltkriegs-Denkmal. Wir rollten unsere Schlafsäcke und Matten neben dem Se7en und Speedster aus und duschten unter einer 1.5 lt. Pet Flasche. Am Strand unter uns feierten einige Jugendliche an einem Feuer und hinter uns auf dem Parkplatz vergnügte sich ein französisches Pärchen im Auto. Müde schliefen wir ein.


    Am nächsten morgen erwachte ich sehr früh und suchte nach einer passenden Toilette. Ich fand schliesslich einen grossen Buch unterhalb des Hügels. Am Strand erspähte ich Duschen - ich begab mich dahin und stellte fest, dass Süsswasser daraus kam, aber mit einer Temperatur von unter 20°C. Hinter dem Strand erblickte ich einen Campingplatz. Ich ging zum Campingplatz und spazierte an den Wohnwagen vorbei zum Dusch- und Toilettenhäuschen wo es sogar warmes Wasser gab. Nach einer viertelstündigen Dusche fühlte ich mich wie neu und ging zurück zu den Autos. Meine Reisebegleiter waren bereits zur kalten Dusche am Strand ausgeflogen - zu spät um sie über die warme Dusche zu informieren. Wir rollten unsere Schlafsäcke zusammen und wie immer wenn man im Se7en Ferien macht: Man verstaut alles und wundert sich, warum es keinen Platz hat. Man hat über Nacht nichts eingekauft und trotzdem hat nicht alles Platz im Auto. Nach einigem "Tetris" spielen war schliesslich alles verstaut.


    Wir fuhren 300m zur nächsten Boulangerie wo wir uns ein französisches Frühstück gönnten. Es bestand aus Baguette, Schinken, Confitüre, Café und warmer Schokolade. Meine Begleiter fanden Freude an den Croissants und Käse - so war für alle gesorgt. Von unserem Café aus beobachteten wir einen "Wohnmobilisten" wie er hupend vor dem Camping-Verwaltungs-Häuschen ausser sich schimpfte und an die Tür polterte - nach einer halben Stunde erschien ein gelangweilter Franzose, der ihm die Papiere aushändigte. Der Deutsche Tourist war ausser sich - er hatte wohl die Fähre verpasst, weil der Camping-Wart ihm seine Papiere zu spät zurückgegeben hatte.


    Wir machten uns auf den Weg der Küste entlang. Eine wunderschöne Landschaft empfing uns mit Sonnenschein, wenig Verkehr und einigen Velofahrern. Vor Cannes hielten wir bei einigen roten Felsen an um Fotos zu machen. Se7en und Speedster, Speedster alleine, Se7en alleine, Se7en mit Fahrer, Speedster mit Fahrer oder einfach "Girl am Meer" und so weiter. Nach einiger Zeit fuhren wir weiter nach Cannes downtown wo wir unsere Vehikel in einer wunderschönen Tiefgarage parkierten.


    Die Speedster Beifahrerin wollte unbedingt ihn ihrem Lieblings-Crep - Laden einkehren - dieser hatte aber in lokaler Manier geschlossen über Mittag (ein Crep-Macher muss ja auch mal Mittagessen). Somit besuchten wir noch einige Kleider-Läden deren Angebote wirklich günstig waren - aber wir konnten unsere weibliche Begleitung schliesslich überzeugen, dass weder im Se7en noch im Speedster auch nur ein kleinster Platz für ein Bikini Oberteil frei wäre.


    Etwas niedergeschlagen gaben die Damen auf und wir gesellten uns bei einem Crepes Stand auf dem Hauptplatz zusammen um die Karte zu studieren. Es war jetzt 12.00 am Mittag. Morgen um 10.00 musste unsere Beifahrerin am Arbeitsplatz in Zürich erscheinen. Die Autobahn war die logische Lösung für das Problem - aber wir wollten nicht so einfach aufgeben.


    Wir wählten die Route schnurstracks nach Castellane - über den Col d'Allos nach Barcelonnete, von dort via dem Col de Vars nach Briançon und schliesslich via Oulx - Autobahn nach Lanslebourg und dann via Col de l'Iseran, Bourg de Saint Maurice über den kleinen, dann den grossen St. Bernhard zurück nach Hause.


    Wir kauften drei Büchsen "Burn day" - ein Energy Drink von Cocacola ein. Burn day ist blau eingefärbt, relativ süss und hat sehr viel Koffein und andere weckende Elemente drin. Ich trank einen halben Liter und schwingte mich dann ans Steuer.


    Die Speedster Fraktion hatte das Parkticket verloren - so begann die Suche im "grossen" Speedster. Nach 20 Minuten Fluchen (die verwendeten farbigen Metaphern möchte ich dem Leser hier ersparen) wie ein Rohrspatz fand unser Speedster Pilot schliesslich das Ticket und wir konnten losfahren. Er übernahm die Führung mit dem TomTom auf "direkter Weg" eingestellt. Im Gegensatz zu anderen Navigationsgeräten war dieses kompromisslos. Kein Weglein war zu klein um nicht angezeigt zu werden.


    Nachdem wir Cannes hinter uns gelassen haben weitete sich die Strasse und wir fanden uns auf lang gezogenen Kurven welche eine wunderschöne Felslandschaft hinauf führten mit Sicht auf das Meer. Die Strasse war einfach "brachial phänomenal" und führte uns über mehrere Gebirgsketten, bis wir schliesslich Castellane erreichten. Der durstige Speedster brauchte Benzin, aber die drei Tankstellen im Dorf nahmen keine Karten. Schliesslich fanden wir eine Säule die unsere 50 EUR Noten nahmen.


    Nach dem einschmieren von Sonnencreme und etwas Hunger im Magen, beschlossen wir bei den Seen oberhalb Castellane eine kurze Rast zu machen. Wir legten uns am See ins Gras und badeten die Füsse - für mehr war mir das Wasser zu kalt. Mr. Speedster Driver sprang schliesslich ins Wasser und kam dann bald wieder zurück an die Sonne. Wir besprachen erneut die Route, assen ein Eis und packten unsere Sachen ein. Es ging weiter Richtung Col d'Allos. Die Gastronomie ausserhalb der Städte bot nicht das, was sich ein Reisender wünschen würde. So klapperten wir in jeder Ortschaft die Gastronomiebetriebe ab, bis wir schliesslich in Beauvezer einen Sandwich-Laden fanden, der zwar voller Wespen war aber immerhin etwas zu Essen anbot. Nach einem kurzen Imbiss schwangen wir uns zurück auf die Pferdestärken und nahmen den Col d'Allos. In Barcelonnette war ein neuer Tankstopp angesagt. Wir beschlossen den Col de Vars zu nehmen und verliessen Barcelonnette in die andere Richtung von welcher wir es kannten. Es war nicht ganz einfach den Einstieg zum Pass zu finden, schliesslich fuhren wir aber mit Hilfe von einigen ortskundigen Franzosen in ein wunderschönes Tal hinein um den Col de Vars in Angriff zu nehmen. Es war schon etwas kühler am Pass, doch der Speedster gab nicht nach und erklimmte den Berg mit forscher Geschwindigkeit. Ohne Halt ging es gleich wieder ins Tal an vielen Bausünden des Wintersports vorbei nach Embrun. Dort nahmen wir die langweilige Schnellstrasse zurück nach Briançon. Wir waren erschöpft und müde. Vor Briançon hielten wir an und tranken eine weitere Dose Burn Day - die Energie kam zurück und das Ziel rückte näher. Es lag noch der pompöse Col de l'Iseran vor uns - ich hatte zugegeben etwas Angst davor…

    Colin Chapman:
    Any car which holds together for a whole race is too heavy.

  • Von Briançon furhen wir über den Pass nach Oulx und nahmen dort die kostenpflichtige Autobahn durch den Tunnel. Die Alternative wäre noch Susa - Autobahn - Turin - Autobahn - nach Hause gewesen - aber wer wollte den hier ein Weichei sein und via Autobahn nach Hause gehen? Wir bissen auf die Zähne, zahlten die 30 Euro Tunnel Gebühren und fuhren durch das Loch nach Lanslebourg. Zuhinterst im Tal würde uns der Col de l'Iseran erwarten - vorher mussten wir aber noch etwas essen, denn es war schon 20.00 und die Franzosen schlossen Ihre Lokale früh.


    In Termignon hatte es gute 10 Restaurants und Bars - aber nur ein Gastwirt wollte uns Spaghetti kochen oder uns einen Tisch anbieten. So assen wir dort Spaghetti Bolognese à la François. Nach einigen Überlegungen beschloss ich doch ein wenig Weichei zu sein und montierte die Türen am Se7en. Meine Beifahrerin verkroch sich in ihrem Schlafsack und hüllte sich ein. Zugegeben, ich habe die Heizung eingeschaltet und es war dennoch frostig kalt. Aber das Dach montieren kam nicht in Frage - das würde müde machen.


    Der Speedster fuhr schon vor uns los, da wir sowieso schneller waren mit dem Se7en. So nahmen wir die Strasse mit 10 Minuten Verspätung in Angriff und gaben mächtig Gas. Erst bei Bessans holten wir den Speedster ein und fuhren Konvoi den Col de l'Iseran hinauf. Es war stockdunkel und kalt. Oben angekommen hielten wir in dichtem Nebel an (ich hatte das Gefühl es falle Schnee). Wir machten das obligate Gipfelfoto und schauten auf die Uhr - es war beinahe Mitternacht. Wir schauten uns an und sagten: Wir sind wohl die grössten Spinner… - stiegen ins Auto und fuhren hinunter nach Val d'Isère. Ich hätte viel darum gegeben hier anzuhalten, einzuchecken und im Hotel zu schlafen. Ich war müde und erschöpft, doch unsere Beifahrerin musste morgen Arbeiten und wenn sie nicht erscheinen würde, hätte sie wohl ein möchtiges Problem mit dem Vorgesetzten, da sie ihn vorab um Ferien gebeten hatte, diese aber nicht bewilligt bekam. Wir fuhren hinunter nach Seez - wo die Abzweigung zum kleinen St. Bernhard war. Es war nicht mehr weit, es war ja nur der "kleine" St. Bernhard - dann der grosse und wir waren schon in der Schweiz. Um 02.00 kamen wir halb am kleinen St. Bernhard oben an und ich betätigte die Lichthupe. Ich konnte nicht mehr. Der Se7en hatte mich zermürbt. Der dauernde Fahrtwind der das Atmen schwer macht, die heisse Sonne durch den Tag, der Staub, der Dreck und jetzt die Kälte - ich konnte nicht mehr weiter fahren. Wir machten Rast.


    Wir sollten neben dem Se7en unsere Schlafsäcke aus und legten uns schlafen. Im Speedster schliefen sie im Sitz. Nach 2 Stunden weckte uns der Wecker - es ging weiter.


    Der kleine St. Bernhard ging und ging nach oben und wollte nicht mehr aufhören Berg zu sein. Es bahnte sich Angst und Schrecken an - wie gross muss wohl der grosse St. Bernhard sein, wenn der kleine schon ein Mordsberg ist?


    Wir kamen endlich oben an und fuhren die enge Serpentinenstrasse hinunter ins Tal bis nach Torrent. Wir lachten über das Strassenschild und überlegten uns, was wohl die Musiklabels gegen die Ortschaft zu unternehmen planten. Ich ass ein "Pocket Coffee" Schokoladenbonbon und fühlte mich sehr wach danach. Wir besprachen die Route. Mont Blanc Tunnel oder grosser St. Bernhard. Die Strecke erschien gleich weit - somit gewann der grosse St. Bernhard. Wir machten uns auf die Räder und fuhren den Berg hinauf. Oben hatten wir die Wahl zwischen Tunnel oder Bergstrasse - ein Kompromiss musste sein - somit nahmen wir den Tunnel.


    Wir fuhren vom grossen St. Bernhard hinunter nach Martigny und tankten unsere Autos mit Schweizer Benzin (zumindest zu Schweizer Preisen, denn das Öl kommt ja alles vom gleichen Ort). Ich gab auf - ich war zu müde und es begann gefährlich zu werden. Die Speedster Beifahrerin war mittlerweile gut ausgeschlafen und sie würde mit dem Speedster nach Zürich fahren um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Meine Beifahrerin war "zu kurz" um beim Se7en an die Pedale zu kommen. Somit war ich als Fahrer prädestiniert. Wir schüttelten uns die Hände und der Speedster fuhr los. Wir fuhren mit dem Se7en auch in Richtung Heimat, aber gemächlicher. In Montreux spürten wir die Müdigkeit und beschlossen in St. Denis abzubiegen um in Les Paccots auf einem Parkplatz unter wunderschönen grossen Tannen auszuruhen. Wir rollten die Schlafsäcke aus und schliefen bis um 10.00 am morgen. Es kam ein SMS: Mission Erfolgreich - somit war die Speedster Beifahrerin erfolgreich am Arbeitsplatz angekommen. Sie trug zwar noch das Bikini unter den Kleidern, doch alles was zählte war Anwesenheit. Die arme Dame musste jetzt noch einen ganzen Tag Büro überstehen.


    Wir packten unsere Sachen zusammen und fuhren über die Autobahn nach Hause. Zum Glück blieben wir ausser ein von ein paar Regentropfen vom feuchten Nass verschnont und so erreichten wir unser zu Hause erschöpft um 13.00 Ortszeit.


    Fazit: Es war eine meiner eindrücklichsten Reisen. Einerseits wegen des Fahrzeugs. Wer in einem Se7en sitzt bekommt die Natur zu spüren. Alle Gerüche, die Geschmäcker und die Eindrücke sind viel intensiver, als in einem Exige oder in einer Elise. Da ich beide anderen Autos auch fahre und besitze, kann ich das mit gutem Gewissen behaupten.

    Der Se7en macht mehr müde als ein normales Auto. Das Atmen fällt schwer bei Geschwindigkeiten ab 80km / h - weiter würde ich gewisse Dinge sicher anders planen bei einem nächsten Trip. Dies wäre z. B. ein Val d'Isère einzukehren und zu übernachten auf dem Rückweg. Wenn ich auch nach längerem Überlegen wohl eher Susa für eine Übernachtung empfehlen würde, denn die Gastfreundschaft ist einfach anders. Es wäre zu empfehlen nur Leute mitzunehmen, die keine fixen Verpflichtungen haben, oder wenn dann, diese am Sonntag in Cannes in den Zug oder ein Flugzeug zu setzen. Die Autobahn wäre meines Erachtens nie eine Option gewesen. Es sind die Autos, die den Trip zu dem machen was er ist und auf der Autobahn benötigt man keine solchen Fahrzeuge.

    An meinem Se7en vermisse ich nach wie vor die "Weicheier-Windabweiser", die ich wohl nun für meine Schottland-Reise mit andern Se7en's im Juli kaufen werde. Weiter habe ich nach dem Trip statt meiner Oakley Brille (die aus Mission Impossible 2) eine Flieger - Brille mit geschliffenen und getönten Gläsern gekauft. Weiter habe ich mir eine Cabrio / Flieger Kappe zugelegt, denn der Trip hat mir arg auf den Schädel gehauen. Ich hatte einen roten Kopf trotz Sonnencreme Faktor 50.


    Alles in allem kann ich die Route nur empfehlen. Es ist ein fantastischer Trip mit allem was man braucht, wenn man gerne mit Leichtbaufahrzeugen fährt. Die Gastronomie in Frankreich war kein Glücksgriff und es empfiehlt sich das "Livre Rouge" oder den "Michelin Guide" zu konsultieren, denn man hat entweder Glück oder Pech. Wenn ich zurück schaue war dies einer meiner intensivsten Trips - und der Se7en ist bei allen Autos mein allerliebstes…

    Colin Chapman:
    Any car which holds together for a whole race is too heavy.

  • Wirklich ein super Bericht :thumbup:
    Viele der Strecken liebe ich selber über alles und kenne sie. Hat Spaß gemacht wiederzuerkennen, auch wenn ich selber niemals diese Strecke mit so wenig Zeit gemacht hätte.

    Ja, der Schipirit in der CH - ich beziehe auch den größten Teil meines Benzinbedarfs in der CH. Kann mich zwar noch an Zeiten erinnern, wos umgerechnet für ca. 1€ gig, aber nun...
    Morgen erstmal 80l bunkern - da freut sich der Tankwart :whistling:

    Viele Grüße,
    Moritz

    Die Vernunft verfolgt mich, aber ich bin schneller ;)


    Ist der Ruf schon im Kompost, fährt der Lotus ohne Rost :D

  • Auf dem Weg fanden wir eine Gruppe von Ford-Oltimern die wohl auch etwas Benzin im Blut haben mussten - während sogar der Se7en eine Heizung hatte bezweifle ich, dass es in diesem Ford nur annährend warm war. Wir haben die Gruppe dann tags darauf am Col de Vars wieder gefunden.

    Colin Chapman:
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  • An einem wunderschönen Plätzchen am Lac de Serre Ponçon - man kann hier übrigens auch gut neben dem Se7en schlafen

    Am Lac de Castillion beim Fotostop und etwas Erhohlung von einer wunderbaren Strasse

    Lac de Castillion

    Se7en in St. Tropez

    Endlich angekommen - der müde Se7en Fahrer - müde aber sehr stolz...

    Der Speedster Pilot ist auch etwas müde...

    Ein anderer verrückter ist auch hier im älteren Modell

    St Tropez im Abendrot

    Hafen von St Tropez

    Ein armer Yachtbesitzer mit einem weissen Gefährt aus Italien

    Unsere Schlafstelle

    Am Tetris spielen am morgen

    Se7en und Speedster am Meer vor Cannes

    Eine wirklich schöne Reise - hier wurde uns langsam bewusst, dass wir ja auch wieder nach Hause sollten ;)

    Colin Chapman:
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    Einmal editiert, zuletzt von MikeMorgan (25. April 2012 um 21:55)