Ich hatte gestern ein Interessantes Gespräch mit einem netten Herrn von DTC (das ist eine der anerkannten Materialprüfstellen in der Schweiz). Für alle, die es interessiert, hier eine Zusammenfassung der Sachlage. Etwas ausführlich, aber hoffentlich verständlich
(das Ganze bezieht sich natürlich auf die Schweiz!)
Wenn man ein aerodynamisches Anbauteil montieren will (Lippen, Verspoilerung, Heckflügel etc.) gibt es grundsätzlich zwei Hürden:
1: Material
Das verwendete Material muss von einer anerkannten Stelle auf verschiedene Faktoren getestet und für gut befunden worden sein.
Dies kann in der Schweiz z.B. von der Firma DTC gemacht werden.
Dies wird beispielsweise gemacht, in dem an einer möglichst nicht sichtbaren Stelle mit einer Zange ein Stück Material abgebrochen und das Bruch- / Splitterverhalten angeschaut wird. Dieses muss dann gewisse Vorgaben erfüllen.
-> Grundsätzlich sind Karbonteile (CFK) kritischer, da dort in der Regel weniger Material verbaut wird. Somit ist die Karbonschicht dünner und kann 'gefährlicher' brechen (Scherbenbildung..).
-> Fieberglass (GFK) sei da aus Erfahrung weniger kritisch.
Wenn man Glück hat, bekommt man vom Hersteller sogar schon einen Materialprüfbericht. Dann muss DTC nicht selber mit der Zange ran. Dies ist aber - gerade bei Teilen aus den Staaten - eher selten.
Andere Möglichkeiten sind, dass man vom Hersteller ein Stück Material erhält, oder ein günstigeres Teil desselben Herstellers bestellt, das dann getestet werden kann (natürlich beides unbedingt zusammen mit der Bestätigung, dass es sich dabei um dasselbe Material handelt).
Der Spass dauert ca. 1h und kostet um die 300.- bis 500.- Franken. Also eigentlich noch bezahlbar, wie ich finde.
2: Einhaltung der Montage-Richtlinien
Es gibt bestimmte Richtlinien, die für solche Anbauteile eingehalten werden müssen. Das sind z.B. Spaltmasse, Befestigungs-Arten, Art & Abmessungen der Anbauteile (dürfen nicht über Fahrzeugbreite herausragen, nicht scharfkantig sein usw.) etc. etc. Eine minimale Bodenfreiheit ist ebenfalls in den Kriterien enthalten.
Bei einer Abnahme beim Strassenverkehrsamt werden all diese Kriterien angeschaut und natürlich der Materialprüfbericht vom DTC.
Dazu könne man sich auch mit dem zuständigen StVa in Verbindung setzen und mit denen mal anhand von Bildern besprechen, wie gross die Chancen für ein bestimmtes Teil sind.
Die kompletten Kriterien sind für CHF 12.- im Webshop von asa.ch (Vereinigung der Strassenverkehrsämter) erhältlich (http://www.asa.ch/ - >webshop -> Merkblätter -> MBKT16 - Beurteilung von aerodynamischen Anbauteilen)
..der findige Internet-User findet es aber bestimmt auch irgendwo gratis im Netz
Auch möglich ist übrigens eine Komplett-Abnahme bei DTC, d.h. man muss das Fahrzeug dann nicht mal mehr beim StVa vorführen. Das Kostet dann aber eher in Richtung 700.- bis 1000.- Franken..
Spezialfälle:
Es gibt noch zwei Spezialfälle, die der Herr von DTC erwähnt hat.
1. Kopfaufprall-Prüfungen -> bei Teilen die potentiell bei einem Unfall mit dem Kopf getroffen werden können, wird eine Kopfaufprall-Prüfung gemacht. Dies ist hauptsächlich bei Motorhauben nötig und zerstört grundsätzlich das Material (und wenn nicht ist es zu hart und fällt eh durch).
2. Heckflügel -> bei diesen muss der Nachweis erbracht werden, dass sie in Fahrtrichtung vor- und rückwärts ab einem bestimmten Druck nachgeben. Dies wird mit einer Anlage getestet, mit der der Flügel quasi aus der Verankerung gezogen wird. Die Schäden dabei will ich mir gar nicht vorstellen...
Fazit:
Grundsätzlich: typisch Schweiz
Lustiges Beispiel: Es gibt eine Vorschrift, ab welcher Grösse Öffnungen in Stossstangen geschlossen werden müssen. Und wenn dies mit einem Gitternetz gemacht wird, wie gross die maximale Maschengrösse sein darf, wie viele mm diese mit Daumendruck maximal eingedrückt werden kann, mit welcher Art von Kleber das ganze fixiert werden muss und ab wann Verstrebungen im Gitter nötig sind.
Es klingt aber eigentlich alles schlimmer als es ist.
Im Fall meiner Side-Skirts sehe ich das Ganze sehr positiv. Wenn ich mich für GFK-Teile entscheide oder einen Mat.-Prüfbericht oder ein Material-Muster bekomme, dann ist die Abnahme relativ schnell und eigentlich auch gut bezahlbar.
Ich mach' mich dann mal auf die Suche nach den passenden Teilen
Gruss aus der Schweiz
Andreas