Anno Domini 2011 am 27. Juli trafen sich zwei unbeirrbare Kelten und ein Teutone in Buch am Irchel um gemeinsam eine Reise zu unternehmen. Statt einzelne Pferde zu zäumen, behalfen sie sich mit zwei Automobilen, die gleich mehrere Pferde innehatten. Einerseits ein Opel Speedster, andererseits ein Lotus Exige RGB mit Bemani Kompressor. Am 27. Juli abends zelebrierten die drei die bevorstehende Reise und besprachen wie die letzte Woche als Jungeselle des Exige Drivers zu verbringen wäre.
Am Morgen des 28. Juli gab es ein ausgedehntes Frühstück mit allem was das Herz begehrte von der zukünftigen angetrauten des Exige Drivers. Die Drei Mannen machten sich auf und schwangen sich in die Fahrzeuge. Es ging (mit Dach auf dem Auto) auf via Autobahn nach Bonneville (FR) um von dort via La Clusaz, Flumet, les Saises, nach Beaufort zu gelangen. An sich war das dieselbe Route wie im Jahr zuvor, doch mit einem anderen Fahrzeug und natürlich mit anderem Wetter und etwas anderer Gesellschaft. Die Strasse von Bonneville nach La Clusaz führt durch mehrere Tunnels - vor den zwei unbeirrbaren Fahrern war ein Tross von langsamen französischen Strassensperren unterwegs. Durch einige Beschleunigungen auf über 6000 Touren erklang ein Donnergebrüll, das Zeus selbst Eindruck gemacht hätte. Die vorausfahrenden Fahrzeuge machten Platz und so konnte die Reise in zügigem Tempo vorwärts gehen.
In La Clusaz war die Zeit gekommen, das Dach zu entfernen. So konnten wir "oben ohne" den Col des Arravis hinauf eilen und die Fahrkünse eines kleinen Lieferwagens bestaunen. Dieser fuhr am absoluten Limit seines Gefährts in angenehmem Tempo die kurvige Strasse hinauf - er musste dann aber wegen Unterlegenheit seines Gefährts dem Duo der Englischen Fahrzeuge Platz machen. Ich bezeichne den Speedster als Englisches Fahrzeug, da er auch in Hethel gebaut wurde…
Nach einem wunderschönen Konzert im Tal vor Flumet und einem High Speed Aufstieg nach Les Saises erreichten wir schliesslich Beaufort, wo ich nach wie vor vermute, dass jemand nicht den Käse, sondern wohl den Wind erfunden haben musste. Wir tankten unsere Fahrzeuge auf um den Cormet de Roselends in Angriff zu nehmen. Es setzte leichter Nieselregen ein. Wir beschlossen, dass es sich sicherlich nur um einen "kleinen Steigungsregen" handeln konnte. So fuhren wir ins Tal hinein um den Cormet de Roselends zu erklimmen. Der Regen wurde stärker - wir beschlossen aber, dass Kelten und Teutonen zusammen dem Regen trotzen können. Solange man in Fahrt ist, kann ja nichts passieren…
Weit gefehlt - auf halber Strecke setzte Sturzbachähnlicher Regen ein, der uns das Leben schwer machte. Der Scheibenwischer verlor eine Stahl-Verstärkung, welche an die Karosserie zu schlagen begann. Die Brille lief an und die Köpfe wurden nass. Wir hielten an, wurden noch viel nässer und leerten den "Koffer"-Raum um das Dach hervor zu klauben, das natürlich zuunterst gelagert wurde. Mit wenigen Handgriffen war das Dach montiert. Der Speedster Driver hinter uns hatte ein sehr breites grinsen montiert… ok - er hatte recht - wir hatten die Situation falsch eingeschätzt.
Es ging den Hügel hinauf bis schliesslich auf der anderen Seite wieder hinunter nach Seez. Von dort fuhren wir nach Val d'Isère wo sich unser Teutone über die Bausünden ausliess (er ist von Beruf aus Architekt). Alle guten Hotels waren geschlossen und wir wollten nicht in einem zwei Sterne Schuppen absteigen. Nach einigen Versuchen und teuren, schlechten Hotel-Angeboten telefonierten wir nach Susa und reservierten uns drei Zimmer. Es war ja ein Katzensprung nach Susa…
Mit lautem Getöse fuhren wir den leeren Col de l'Iseran hoch und wieder hinunter. Nonstop ging es vom obligaten Gipfelfoto direkt an den Lac de Mont Cenis und nach einem weiteren Fotostopp hinunter nach Susa. Die Strassen waren leer und luden zu gutem Tempo ein. In Susa bogen wir 100m nach der Ortstafel rechts ab - dort war ein Hotel angeschrieben. Wir gingen zu Fuss den Berg hoch und der Hotelier hatte tatsächlich 3 Zimmer für uns. Wir parkierten die Autos vor dem Hotel, duschten und trafen uns 20 Minuten später vor dem Hotel. Wir witzelten, dass sowas wohl nur mit Männern möglich war, denn bei weiblicher Begleitung hätte das wohl mehr als eine Stunde gedauert.
Durch die engen Gassen der Stadt spazierten wir zu einer Art Dorfplatz, wo wir in einer netten Pizzeria "Vino della Casa" und eine Pizza bestellten. Natürlich hatten die Italiener kein Mass und es wurde gleich ein Liter Wein gebracht. Die Autos würden wir heute sowieso nicht mehr anfassen, so schlugen wir zu. Nach dem opulenten Mahl verführte uns ein Tartufo und so musste auch dieser bestellt und gegessen werden.
Übersättigt machten wir uns auf den Weg durch die verwinkelte Stadt wo uns einige Italiener ansprachen - vor einer Bar spielten sie Gitarre und wollten uns italienische Lieder singen hören. Als wir auf Englisch antworteten machten sie Witze über uns, da sie wohl dachten wir seien Italiener, die so das Singen vermeiden wollten.
In der Bar vor dem Hotel bestellten wir unsere Digestives. Da wir in Italien war und dies das Land des "Spritz" war, bestellte ich mir einen Spritz (Prosecco, Aperol, Mineral). Meine zwei Begleiter erklärten dem Barkeeper wie er einen Amaretto Sour zu machen habe - und das Resultat war überraschend gut. Nach der vierten Runde ging dem armen Barkeeper der Amaretto aus und wir mussten zum Abschluss noch auf Gimlets umsteigen. Kein Vergleich, aber dennoch genügend Alkohol um die enge und steile Strasse zum Hotel hoch zu steigen.
Das Hotel bot eine wundervolle Terrasse und wir waren neben einer italienischen Familie mit einem Kind die einzigen Gäste im Hotel. Das Buffet war reichhaltig und wir griffen zu - wir mussten heute noch weit fahren und so war ein üppiges Frühstück angebracht. Meine zwei Begleiter waren noch etwas bleich vom Vorabend - der Alkohol hatte den zwei Herren wohl etwas zugesetzt - unser Speedster Fahrer hatte sogar verschlafen.
Um und 11 Uhr machten wir uns auf die Socken und spielten Tetris mit unserem Gepäckfach (Kofferraum passt definitiv nicht als Bezeichnung). Ich hatte extra die 2011 Version des Exige RGB gekauft, weil der Heckflügel so "geil" aussieht - beim Zugang zum Kofferraum höre ich mich aber innerlich immer ein wenig fluchen… - however - da war kein anderer Exige Bemani verfügbar und so muss man eben über den Heckflügel Tetris spielen. Auf wundersame weise hatte alles auf Anhieb platz, bis mein Beifahrer mit einer weiteren riesigen Tasche angewatschelt kam… - das Fluchen über den Heckflügel war verstummt und der Groll ging gegen meinen Un-Lotus-erisierten Beifahrer erklang. Nach einer Weile Tetris zum zweiten war das Gepäckfach gefüllt und die Sonnencreme noch zu unterst vergessen gegangen. Der Speedster Fahrer begann nun auch zu lachen über unsere Verrenkungen über das Heck - aber die Sprüche würden spätestens bei der ersten Beschleunigung verstummen… (übrigens hat mein Speedster Kollege seit einigen Tagen nun auch einen Exige Bemani).
Von Susa ging die Reise hoch nach Oulx, Briançon und via Savines- le- lac dem See entlang bis schliesslich nach Barcelonnette und dann über den Col d'Allos. Einer unserer Lieblignspässe, den wir schon viele Male zuvor gefahren sind. Jetzt da ich diese Geschichte aufschreibe habe ich mir aber vorgenommen dringend den Col de la Bonnete zu machen.
Von Allos fuhren wir die sagenhafte Strasse bis Castellane, wo wir zum "Zvieri" einkehrten. Leider in einer "Touristenbeiz" mit schlechtem Service und nicht allzu gutem Essen. Von Castellane wählten wir die Route durch Le Bourguet Richtung Draguignan. In mitten der Botanik begann der Speedster hinter uns heftig zu hupen, so hielten wir an. Aus dem Motorraum des Exige stieg weisser Rauch auf. Wir nahmen unsere Wasserflaschen, um den Brand zu löschen und der weisse Rauch verwandelte sich in Dampf. Wir krochen unter das Auto und schauten überall nach, was wohl gebrannt haben könnte, konnten aber nichts finden. Zugegeben hatten wir unsere Autos ein wenig am Limit bewegt, doch Rauch hatten wir nicht erwartet. Besorgt und mit etwas gezügeltem Temperament fuhren wir weiter durch die wunderschöne Landschaft von Felsen, Wäldern und der Schlucht neben uns.
In Comps-sur-Artuby war ein grosses Dorffest am laufen und wir fuhren mitten durch das Fest und waren eine Attraktion für die kleinen und die grossen Kinder.
In Vidauban nahmen wir die Autobahn, da wir beschlossen hatten etwas Land zu gewinnen um in Portiragnes Plage zu übernachten. Mein Navigator übernahm die Routenführung und so fuhren wir im Konvoi Richtung Sonnenuntergang dem Süden entgegen. Es war einfach ein perfekter Abend. Der Wind im Haar, das Brummen und Fauchen des Motors hinter uns und die sonne im Tiefstand vor uns.
Bei der nächsten Raststätte machten wir Halt und beschlossen das Abendessen bei unserem Campier- bzw. Biwak-Platz einzunehmen. So kauften wir Oliven, Brot, Rohschinken, Schokoladenkekse und alles was sonst noch zu einem ausgewogenen Provence-Mahl dazugehören konnte. Nach einer Gesichts-Wasch und Pinkelpause montierten wir die Sonnenschutzeinrichtung (Hut) ab und machten uns auf den Weg weiter Richtung Südwesten.
Es war schon dunkel, als wir endlich in Montpellier ankamen. Mein Navigator lotste uns mit Hilfe des Navigationssystems nach Portiragnes und hetzte uns von der Autobahn, auf die Autobahn in die Gegenrichtung, dann mal nach Beziers und wieder zurück, bis er feststellte, dass im Tom Tom noch Castellane gespeichert war. Es gilt eben selbst bei laufender Navigation noch das Hirn zu benutzen, doch das ist eben vielen Navigatoren fremd. Was die erotische Frauenstimme zwitschert muss einfach richtig sein.