Ein Fahrwerk entwickelt von Lotus? Das kann ich besser.

  • Was mir immer wieder rund um unsere Lotus Fahrzeuge auffällt, wie oft Dinge von uns Besitzern im Fahrwerksbereich modifiziert werden, ohne das wir vollständig verstehen, was das für Auswirkungen hat.

    Wenn ein Lotus Modell fertig entwickelt ist, dann hat es vor allen im Fahrwerksbereich unendliche viele Tests absolviert. Die einzelnen Bestandteile sind aufeinander abgestimmt und bilden so, nach Meinung der Lotus Ingenieure, den besten Kompromiss für einen Straßen-Sportwagen (die Rennstrecke nehme ich hier bewusst aus). Alle Komponenten bilden ein harmonisches Ganzes und geben dem Fahrzeug seine Balance. Ändert man Dinge am Fahrwerk (Dämpfer, Ferdern, Fahrhöhe, Einstellwerte der Achsgeomtrie, etc.), bringt man das ganze Setup aus dem Gleichgewicht.

    An meiner Exige sind die original LSS Dämpfer montiert. Die hatte der Verkäufer Marten bereits bei einem Koni-Spezialisten überholen lassen. Die fahre ich nun mit den original Federraten (neue Federn) und es fährt sich wunderbar. Meiner Meinung nach genau der richtige Kompromiss für die Straße.

    Ich möchte hier für eine höhere Wertschätzung der Serienkonfiguration werben. Häufig sind die Komponenten einfach nur verschlissen und das Nitron-Fahrwerk ist vor allen Dingen deshalb besser, weil es neu ist. Wer weiß denn heute noch, wie sich eine Elise S2 mit einem flammneuen Bilstein Fahrwerk inklusive Serienfedern fährt?

    Ein kleines Beispiel, wie schnell man durch Unwissenheit die Dinge verschlechtern kann.:

    An der Elise wird der Nachlauf mittels Unterlegscheiben (castor shims) an den oberen Querlenkerenden eingestellt. Wer mit den Dingern schon mal hantiert hat, der weiß wie fumnmelig die Teile zu installieren sind. Besonders die kleinen.

    Merkwürdigerweise gibt es an der Elise für die gleiche Aufgabe einmal Scheiben mit kleinem Durchmesser (hintere Querlenkeraufnahme) und einmal große Scheiben (vordere Querlenkeraufnahme).

             

    Wegen der fummeligen Installation fliegen die kleinen Shims beim nächsten Fahrwerks-Freshup in der Regel raus und werden durch Größere ersetzt. Habe ich auch so gemacht. Die übliche Verdächtigen unter den Shops bieten ebenfalls nur die großen Scheiben an:

    Irgendwann bin aber mal im Netz über einen Hinweis gestolpert, warum die kleinen Scheiben keine großen Scheiben sind.

    Beim starken Bremsen bewegt sich der ganze Aufbau nach vorne. Die original Gummiquerlenkerbuchsen können/sollen das nicht verhindern. Damit das Chassis nicht mit einem harten Schlag am Querlenkerauge anschlägt, befindet sich nur am vorderen Querlenkerauge eine spezielle Dämpfungscheibe mit Gummibelag (snubber washer).

    Offensichtlich hat Lotus die Vorderachse und das Chassis so ausgelegt, dass die Bremskräfte über die vordere Querlenkeraufnahme übertragen werden sollen. Und deshalb sind die hinteren Scheiben klein, damit sie beim Bremsen in das Querlenkerauge eintauchen können.

    Tun sie das nicht, dann wird beim starken Bremsen auch die hintere Chassisaufnahme belastet und die Belastung des Querlenkers sieht auch anders aus. Was das für Auswirkungen hat? Keine Ahnung, ich nehme jetzt die kleinen Scheiben.

  • Zum Thema Feder-Dämpfer-Kombination: Da bin ich stark Deiner Meinung. Anders ist nicht besser; besser wird es erst, wenn ich weiß, wohin ich will und wie ich genau dieses Ziel erreiche.

    Als ich mein Nitron eingebaut habe, ein NTR40 mit selbst gewählten, weicheren Federraten als "aus dem Regal" sowie darauf abgestimmten Dämpfer und auf die von mir gewünschte Fahrhöhe gebaut zweccks geringster Federvorspannung, war mein Bilstein-FW seit der letzten Revision gerade mal 5 Tkm gelaufen, weshalb ich denke, einen guten Vergleich zu einem neuen bzw. neuwertigen Dämpfer ziehen zu können.

    Das Toyota-Bilstein ist nicht wirklich schlecht, genau genommen beherrscht es einen guten Kompromiss aus Straße und Track und Komfort usw., ist aber eben auch nicht so gut, dass es nicht deutlich besser ginge.

    Ich fahre Kurven aus Leidenschaft.

  • ... Als ich mein Nitron eingebaut habe, ein NTR40 mit selbst gewählten, weicheren Federraten als "aus dem Regal" sowie darauf abgestimmten Dämpfer ...

    Bei den Dämpfern gibt es sicher Verbesserungspotential, da dies sehr teure Bauteile sind und Lotus chronisch knapp bei Kasse ist. Das Kunststück ist es dann, dass der neue und bessere Dämpfer in seiner Abstimmung zum Rest des Fahrzeugs passt.

    Deine Wahl von weicheren Federn geht meiner Meinung nach genau in die richtige Richtung.

    Lotus stimmt seine Fahrzeuge traditionell mit relativ weichen Federn ab, das war auch schon bei Elan, Europa & Co. so.

    Mit einer weicheren Feder rollt das Fahrzeug in der Kurve mehr zu Seite und die Aufhängung arbeitet in einem relativ großen Bereich des Federwegs. Viele sehen das Rollen des Aufbaus als etwas Schlechtes an, ist es aber nicht, so lange die Reifen vernünftig auf der Straße stehen (also die Sturzänderung passt).

    Nun wird das Rollen (also Einfedern/Ausfedern) des Fahrzeugs dazu genutzt, über die Änderungen von Sturz und Spur (bump steer) das Fahrzeug abzustimmen. Baut man nun richtig harte Federn ein, dann verliert man einen großen Teil dieses Eigenlenkverhaltens des Fahrzeugs.

  • VIeles richtig, aber es ist nicht so, dass es "das" Lotus Setup gibt. Schau dir nur die verschiedenen Exige Modelle an. Vom ursprünglichen V6 bis zur letzten Cup 430 hat fast jede Variante ein anderes Setup gehabt. Gerade bei den Dämpfern und Federraten hat es immer Änderungen gegeben. Selbstg Lotus scheint ja der Meinung zu sein, dass die Nitrons deutlich besser sind.

    Lotus Komotec Exige Ex460 JPS #1

  • Viele sehen das Rollen des Aufbaus als etwas Schlechtes an, ist es aber nicht, so lange die Reifen vernünftig auf der Straße stehen (also die Sturzänderung passt).

    Das ist nicht der einzige Aspekt. In dem Moment, in dem ich einlenke wird Gewicht von Kurveninnen nach Kurvenaußen verlagert. Mit F = m*a wirken Kräfte. Solange der Aufbau in Bewegung ist, ist ein Teil dieser Kräfte mit der Komprimierung von Feder und Dämpfer beschäftigt, und steht mir nicht als Aufstandskraft (Fz) am Reifen zur Verfügung, um damit Kräfte in Querrichtung generieren zu können (Fy = µ*Fz). Somit habe ich ein größeres Delta zwischen Einlenkimpuls und dem Zeitpunkt an dem mir maximale Querkräfte zur Verfügung stehen. Fällt umso stärker auf, wenn ich ein Fzg. von einer Linkskurve in eine Rechtskurve umsetzen möchte, oder umgekehrt.


    Schönen Gruß

    Dennis

  • Das originale Setup ist für Leute, die das Auto zum ersten Mal fahren, so sicher wie möglich.

    Übersteuern ist quasi unmöglich, bei Unebenheiten untersteuert es noch mehr, wenn das Heck trotz dieser sehr konservativen Einstellung DOCH mal ausbricht ( Kupplung beim Bremsen in eine Kurve schnalzen lassen), wirds richtig eklig. Fahren lernen kann man damit jedenfalls nicht, und man lernt maximal 10% (:S) des Fahrzeugpotenzials kennen.

    Jeder, der mal eine gut eingestellte Elise gefahren ist, baut danach was gutes ein und inseriert aus Scham noch nicht mal die originalen Dämpfer.

    Gruss, Mark (60.000km auf originalen Dampfern).

    Irgendwann kommt der Tag, an dem die Hütte so verbastelt ist, daß nur noch das Verkloppen hilft.

  • mark ist halt auch ein pro ^^

    wer auf der landstrasse rumkachelt, kommt locker und leicht mit serie aus. meine bilstein habe ich auch revidieren lassen, kostet quasi nix.

    die geo kann/sollte man mit der zeit und erfahrung einstellen lassen.

  • mark ist halt auch ein pro ^^

    wer auf der landstrasse rumkachelt, kommt locker und leicht mit serie aus. meine bilstein habe ich auch revidieren lassen, kostet quasi nix.

    die geo kann/sollte man mit der zeit und erfahrung einstellen lassen.

    Für Dein Fahrkönnen ist die ganze Plastedose überdimensioniert 😞


    Ansonsten gilt es wie immer: Wenn man keinen Plan hat, sollte man das lassen wie es ist... Dito z.B. für die Castor Shims... Lotus hat sich dabei schon etwas gedacht, der Rest adaptiert mit Sachverstand nach seinen Vorlieben...

    Einmal editiert, zuletzt von mcsexxx (17. März 2019 um 15:40)

  • mark ist halt auch ein pro ^^

    wer auf der landstrasse rumkachelt, kommt locker und leicht mit serie aus. meine bilstein habe ich auch revidieren lassen, kostet quasi nix.

    die geo kann/sollte man mit der zeit und erfahrung einstellen lassen.

    Auf trockener Rennstrecke bin ich nicht so der Held, sonst ist es recht akzeptabel.

    Ich halte eine gute Geometrie gerade bezogen aufs Werkssetup für erheblich wichtiger als die Dämpfer.

    Aber gerade beim Fahren auf unbekannten Landstraßen finde ich ein vorhersagbares Fahrverhalten durchaus lebenserhaltend. Und das kann ein Fahrwerk wie meins und mutmaßlich das von carbongrey eben extrem viel besser als das Bilstein, das nach 50.000km ohnehin kaputt ist.

    Wohlgemerkt reagiert es unhektischer als ein Bilstein trotz der höheren Federraten.

    Irgendwann kommt der Tag, an dem die Hütte so verbastelt ist, daß nur noch das Verkloppen hilft.

  • Das ist nicht der einzige Aspekt. In dem Moment, in dem ich einlenke wird Gewicht von Kurveninnen nach Kurvenaußen verlagert. ...

    Stimmt, die ganze Fahrdynamik ist noch viel komplexer als ich das geschildert habe. Und völlig richtig, der Dämpfer kontrolliert die Geschwindigkeit des Gewichtstransfers.

    Die Zusammenhänge sind also kompliziert und die einzelnen Komponenten kann man nur im Zusammenhang betrachten. Deswegen stellt ein ausgetestetes Setup erst mal einen Wert an sich dar. Obwohl der Dämpfer isoliert betrachtet evtl. schlechter als z.B. ein Nitron/Öhlins/etc. Dämpfer ist.

    Und natürlich gibt es von Lotus viele verschiedene Werks-Setups, gerne auch mit Nitron Dämpfern. Nur wenn man innerhalb eines Setups anfängt die Dinge stark zu verändern, sollte man wissen, wieviel Arbeit und Know How in solch einer Abstimmung steckt.

  • Ich finde auch das Werkssetup ist sehr gutmütig ausgelegt.

    Es muss halt jeder Käufer damit vom Hof fahren können, ohne gleich im nächsten Baum zu landen. - Und selbst das schafft nicht jeder.. :D

    Untersteuern ist für Lieschen Müller erfahrungsgemäß auch viel sicherer bzw. einfacher zu kontrollieren als Übersteuern.

    Ich bin bei weitem kein Fahrprofi und habe noch viel zu wenige Track-Kilometer auf der Uhr, aber ich empfinde das Verhalten des Serien-Fahrwerks in einigen Situationen unberechenbar bzw. undifferenziert. - Vor allem beim Anbremsen und in Schikanen.

    Auch Situationen, z.B. auf der NOS wo mir teilweise das vordere Kennzeichen aufgesetzt hat weil die Tuppadose vorn zu sehr eintaucht, empfinde ich als nicht optimal und ich denke ein härteres Setup wäre da nicht so anfällig für.

    Hier beim Anbremsen auf "La Source" in SPA

    Ebenfalls finde ich das Rollen auch etwas zu stark. Klar, ein Fahrwerk muss arbeiten, aber mir persönlich ist da zu viel Bewegung drin.

    Einfahrt Karussell - am Ring


    Um das Heck zu provozieren ist schon einiges nötig, und dann hat man es in der Regel schon so weit übertrieben, dass man kaum/nicht mehr gegensteuern kann.

    Das ist jetzt alles auf das Serien - Bilstein Fahrwerk bezogen das nun knapp 59.000 km Auf dem Buckel hat und damit noch nicht wirklich "aufgebraucht" sein kann. - Ohne das ich seit dem Kauf bei 35.000km mal zum Fahrwerkssetup gefahren bin. Vor dem Kauf wurde beim Händler nen Service gemacht wo die Geo "normal" eingestellt wurde.

    Ich möchte nun vor dem nächsten Track-Besuch auf ein Nitron wechseln, gleich die Buchsen mit erneuern und das Ganze auf eine etwas ambitioniertere Geometrie einstellen lassen.

    Bin echt gespannt wie sich die Kiste danach fährt.

  • Honestly:

    1. Ich kenne kein Bilstein-FW, welches bei >50Tkm Laufleistung noch intakte Dämpfer hatte.

    2. Die Agilität und Stabilität des Autos kannst Du über die Geometrie einstellen (lassen), auch mit dem Bilstein-FW,

    3. "Unberechenbar und indifferenziert" kann sowhl von der Geometrie als auch von verschlissenen Dämpfern herrühren (und Buchsen, Gelenklagern, ...)- Lass' zeitnah die Aufhängung und danach die Geometrie prüfen. Denn unberechenbar ist weder die Elise, noch Ihr Fahrverhalten, noch das Bilstein-FW, wenn technisch alles ok ist.

    Ich fahre Kurven aus Leidenschaft.

    Einmal editiert, zuletzt von carbongrey (18. März 2019 um 15:30)